Brief an die Gemeinde

Liebe Pfarrgemeinde!

Da es derzeit nicht möglich ist, persönlichen Kontakt zu pflegen und Besuche zu machen, bleibt mir die Gelegenheit, Ihnen/Euch zu schreiben – in der Hoffnung, dass viele unserer Pfarrgemeinde und darüber hinaus, dieses Schreiben erhalten.
Ich möchte als Pfarrer unserer Gemeinde daran erinnern, dass wir trotz der derzeitigen Situation eine Gemeinde sind, indem wir auch als Hauskirche leben.

Die Christen der frühen Zeit trafen sich zeitlich am Morgen jeden Sonntag, um in den Häusern das Gedächtnis des Herrn zu feiern. Sie erinnerten sich als Familien zu Hause an Jesus und lasen die Schriften, sangen die Psalmen und die Briefe des Apostel Paulus machten die Runde und wurden in der Versammlung verlesen.
Daraus entwickelte sich nach und nach die Feier der Eucharistie. Die vielen Taufen verlangten nun nach größeren Räumen für die Zusammenkunft am Sonntag. Die Christen übernahmen in den größeren Gemeinden die Basiliken d.h. die Markthallen. Daraus entstanden die ersten christlichen Kirchen – noch nicht als eigene Bauform, das wird erst im Mittelalter die Gotik.

Aber nun wieder zurück zum Heute:
Wir haben durch die Regierung Maßnahmen, die auch uns als Kirche sehr stark betreffen. Wir können/dürfen uns nicht versammeln. Aber wir können und sollen Hauskirche werden.
Das ist sicher eine gute Übung, aber auch wirkmächtig.
Viele Formen des Gebetes und der Andacht stehen uns medial zur Verfügung. Vom Gotteslob, das wir in unseren Kirchen nutzen, bis hin zum „Schott-Messbuch“. Auch in der Kirchenzeitung gibt es gute Impulse für den Sonntag.
Die verschiedenen Radioprogramme bieten, wie auch das Fernsehen, Übertragungen von Gottesdiensten an. Manche Pfarren übertragen direkt die Hl. Messe, die der Priester der Gemeinde allein feiert, sodass viele am Ort aus ihrer Kirche die Hl. Messe mitfeiern können.

Manche stellen die Frage: Ist es sinnvoll, wenn der Priester alleine in der Kirche zelebriert – ohne physisch anwesende Gemeinde?
Liebe Brüder und Schwestern! Jede Hl. Messe ist wert, gefeiert zu werden. Denn in der Eucharistie feiern wir nicht uns selber mit unserem Tun und Handeln, sondern das Handeln Gottes an uns wird dadurch sichtbar.
Jetzt können wir vielleicht neu verstehen: Gott handelt an uns in Jesus Christus. Sein Wort für uns, seine Hingabe am Kreuz für uns!

Natürlich ist die Feier der Eucharistie Feier der ganzen Kirche mit und für das Gottesvolk. Aber genau das „für“ ist jetzt so bedeutsam.
In den Fürbitten und im Hochgebet betet die Kirche immer „für“ die anderen.

Jetzt, in dieser für uns schweren Zeit weitet sich dieses „für“ aus. Nun sind wir alle mit hinein genommen in dieses „für“. Die Kirche betet nun auch konkret für die ganz Gemeinde, die nicht kommen kann!
Und doch sind wir gemeinsam eine Gemeinschaft des Gebetes. Der innere Zusammenhang der Feier der Eucharistie und der Gläubigen erhellt jetzt manches.
Meine Bitte: Vergessen wir nicht den Sonntag als besonderen Tag des Gebetes – so bilden wir Hauskirchen am Ort.

Die Initiative, jeden Abend um 20.00 Uhr eine brennende Kerze ins Fenster zu stellen und um diese Zeit auch ein Vater unser zu beten, ist eine ökumenische Initiative, die ich allen ans Herz legen möchte.
Die Idee dahinter: Nach den Nachrichten im ORF fassen wir als Christen alles ins Gebet: Für die Kranken, für alle Dienste, die in dieser Zeit geschehen. Dank- und Bittgebete!

Da komme ich zu einer sehr brisanten Frage: Ist das der Wille Gottes, oder strenger gefasst: Ist das, was wir derzeit durchleben eine Strafe Gottes?
Liebe Brüder und Schwestern! Von Strafe kann theologisch, begründet mit der Hl. Schrift, nicht geantwortet werden.
Nur einmal hat Gott gestraft: Als er die Sintflut schickte. Damit wird ausgedrückt, dass Gott von neuem mit den Menschen beginnen wollte. In weiterer Folge heißt es immer wieder, dass es Gott gereut hat, ein Unheil auch nur angedroht zu haben.
Wir haben auch in all den Psalmen und vor allem im Wirken Jesu immer den barmherzigen Gott vor Augen.
Wie geht es weiter?
Es kommen bald die Tage, in denen die Kirche das wichtigste Fest des Glaubens feiert. Vom Palmsonntag an bis zum Ostersonntag (Montag).
Wir können/dürfen nicht zusammen kommen, um die Hl. Liturgien zu feiern. Ja, sie entfallen für dieses Jahr. Viele wird es schmerzen, wie auch ich es fühle. Aber, wie Kardinal Schönborn in der Pressestunde am 22. März gesagt hat: Ostern findet trotzdem statt!

Ich werde in unserer Kirche die Feiern allein, aber für uns begehen!
Das ist für alle Priester eine neue Situation und für die Gläubigen erst recht. Wenn am Abend des 11. April die Glocken festlich läuten werden, dann ist die diesmal schlichte Feier in der leeren Kirche zu Ende, die Osterkerze entzündet, das Exultet gesungen und die Osternachtsliturgie vorbei. Wir werden dadurch erinnert: Christus ist auferstanden, er ist wahrhaft auferstanden!

Am Palmsonntag werde ich um 9.30 Uhr mit dem Auto durch die Straßen unserer Stadt fahren und so die Palmzweige segnen. Ich werde vielleicht nicht alle Straßenzüge anfahren, aber doch so gut wie möglich. Diese Vorgehensweise
habe ich abgesprochen mit dem Team aus dem Pfarrgemeinderat, das ich zusammenstellen sollte.
Auf diese Weise werden die Palmzweige gesegnet und ich bitte, die vom Vorjahr nicht zu entsorgen, sondern, wenn es die Situation wieder erlaubt, in die Kirche mitzubringen.

Unser Bischofsvikar schreibt unseren Gemeinden auch über die geistliche Kommunion:
„Der heilige Franz von Sales empfiehlt: „ Kannst du in der heiligen Messe nicht wirklich kommunizieren, dann tu es wenigstens dem Herzen und dem Geiste nach, indem du voll heißer Sehnsucht dich mit dem lebenspendenden Leib des Herrn vereinigst’“

Liebe Brüder und Schwestern, nun etwas ganz anderes:
Am 15. März wurde vom Turm der Turmschmuck (Kugel und Kreuz) abgenommen zwecks Neuvergoldung. In einigen Wochen soll der Turmschmuck wieder aufgesetzt werden.
An dieser Stelle möchte ich allen danken, die durch ihre Spende (Spendenbrief 2019) dazu beigetragen haben, dass dies nun ins Werk gesetzt werden konnte. Vergelt’s Gott!

Ich möchte aber nochmals erwähnen, dass ich erreichbar bin unter der Handynummer: 0664-796 85 59.
Wer ein Anliegen hat, oder einfach reden möchte/muss, ich bin erreichbar!

Liebe Brüder und Schwestern unserer Pfarre St. Martin!
Der Herr sei mit euch und behüte euch.

Mit brüderlichem Gruß und Segen,


Albin Scheuch
Pfarrmoderator

23. März 2020

PS: Die Kirche ist täglich bis 18.00 Uhr geöffnet und am Sonntag ist das Allerheiligste zum persönlichen Gebet ausgestellt.
Bitte darauf achten, dass nicht mehr als fünf Personen weit verteilt in der Kirche sind!